Finanzen | 27. April 2018
Anspruch auf Kindergeld trotz krankheitsbedingter Unterbrechung der Ausbildung
Wenn das Kind eine Ausbildung oder ein Studium absolviert und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, können die Eltern weiterhin Anspruch auf Kindergeld haben.
Dieser Anspruch auf Kindergeld besteht auch dann fort, falls das Kind seine Ausbildung wegen einer dauerhaften Erkrankung unterbrechen muss, unter der Voraussetzung, dass das erkrankte Kind weiterhin ausbildungswillig ist. Das wird durch ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Februar 2018, Az. 2 K 2487/16) bestätigt.
Psychosomatische Erkrankung führte zur Unterbrechung der Ausbildung
In dem vorliegenden Fall stritt die Mutter einer im Jahr 1994 geborenen Tochter mit der Familienkasse darüber, ob weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld bestand. Die Tochter der Klägerin beabsichtigte in der Zeit von März 2014 bis November 2016 eine Ausbildung an einer staatlich anerkannten Berufsfachschule für Mode zu machen. Daraufhin hatte die Familienkasse der Klägerin für diesen Zeitraum Kindergeld bewilligt. Im April 2015 setzte die Klägerin die Familienkasse darüber in Kenntnis, dass ihre Tochter die Ausbildung an der Berufsfachschule zum 31. März 2015 aus medizinischen Gründen unterbrechen musste. Die Klägerin legte der Familienkasse ein ärztliches Attest vor, aus dem sich entnehmen ließ, dass ihre Tochter krankheitsbedingt nicht die Berufsfachschule besuchen konnte und es auch noch nicht absehbar sei, wann eine Wiederaufnahme der unterbrochenen Ausbildung möglich ist.
Im Juli 2015 begab sich die Tochter der Klägerin wegen ihrer Erkrankung in ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Im selben Monat stellte die Familienkasse die Kindergeldzahlung ein. Daraufhin ließ die Klägerin ihre Tochter amtsärztlich untersuchen. Aus dem amtsärztlichen Gutachten geht hervor, dass die Tochter der Klägerin an einer Erkrankung aus dem psychosomatischen Formenkreis leidet, so dass eine fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung notwendig ist. Aufgrund dessen war es aus Sicht des Amtsarztes nachvollziehbar, dass die Tochter ihre Ausbildung unterbrechen musste. Im Oktober 2016 teilte die Klägerin der Familienkasse mit, dass ihre Tochter die Ausbildung voraussichtlich im Jahr 2017 wieder aufnehmen kann. Dennoch verweigerte die Familienkasse die Kindergeldzahlung mit der Begründung, dass die Tochter ihre Ausbildung abgebrochen habe.
Unterbrechung der Ausbildung erfolgte aus objektiven Gründen
Doch das wollte die Klägerin so nicht akzeptieren und zog deshalb vor Gericht. Mit ihrer Klage gegen die Familienkasse hatte sie dann auch Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz kam zu dem Ergebnis, dass die Familienkasse der Klägerin zu Unrecht kein Kindergeld mehr gezahlt hat. Denn der Kindergeldanspruch der Klägerin bestand weiterhin fort, weil in diesem Fall lediglich eine Unterbrechung der Ausbildung vorlag.
Das Gericht sah keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Tochter der Klägerin wegen ihrer Erkrankung die Absicht aufgegeben hat, ihre unterbrochene Ausbildung nach der Genesung weiterzuführen. Die Tatsache, dass die Dauer der Unterbrechung noch nicht absehbar ist, ist für den Anspruch auf Kindergeld unschädlich. Maßgeblich ist nur, dass die Tochter der Klägerin ihre Ausbildung aus krankheitsbedingten und damit objektiven Gründen unterbrochen hat. Andere objektive Gründe, die ebenfalls für den Anspruch auf Kindergeld unschädlich wären, sind z.B. eine Schwangerschaft oder eine unberechtigte Untersuchungshaft.